Heilpädagogische Forschung

Rezension Heft 1 Jahrgang 2010

Norbert Myschker (2009). Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Erscheinungsformen – Ursachen – Hilfreiche Maßnahmen. Stuttgart: Kohlhammer, 6. Auflage, 623 Seiten, 32,– €.

Das Überblickswerk „Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen“ von Norbert Myschker ist in der nunmehr sechsten Auflage erschienen und bleibt damit die auflagenstärkste und umfangreichste Monographie zum Thema. Der Erfolg dieses Buches kommt dabei nicht von ungefähr, denn es ist dem Autor wie keinem anderen Beitrag im deutschen Sprachraum gelungen, eine umfassende fachliche Systematik der Pädagogik bei Verhaltensstörungen zu entwickeln. An der übersichtlichen Gliederung wird auch in der neuen Auflage festgehalten: In neun Hauptkapiteln werden die zentralen Themen der Pädagogik bei Verhaltensstörungen ausführlich diskutiert: (1) Historischer Überblick; (2) Begrifflichkeit; (3) Erscheinungsformen, Klassifikation und Verbreitung; (4) Verursachung und Entstehung; (5) Diagnostik, (6) Erziehung, Unterricht, Therapie und Beratung; (7) Institutionen; (8) Helfende Berufe und (9) Spezielle Störungen.

Neben kleineren kosmetischen Überarbeitungen und einigen neuen Abbildungen und Grafiken ist die vorliegende Auflage im Detail inhaltlich deutlich überarbeitet und aktualisiert worden, was sich schon anhand der erheblichen Erweiterung des Umfanges auf nunmehr 623 Seiten zeigt. Dabei wurde zu vielen Themen neuere Fachliteratur hinzugezogen und aktuelle Diskussionspunkte, Forschungsergebnisse und Statistiken wurden eingebunden.

Es ist beeindruckend, wie es bei der hohen Komplexität des Gegenstandsbereiches dennoch gelingt, die vielen Zugangsweisen und Facetten der Betrachtung von Verhaltensstörungen immer wieder auf pädagogische Fragestellungen zurückzuführen. Dabei überzeugt das Werk durch eine insgesamt sehr ausgewogene Darstellungsweise, die sich beispielsweise bei der Diskussion unterschiedlicher theoretischer Perspektiven und Erklärungsansätze zeigt und sich nicht im Schulrichtungsstreit therapeutischer Verfahren verfängt, sondern die jeweiligen Perspektiven für die Pädagogik untersucht.

Gerade für die Pädagogik ist es von zentraler Wichtigkeit, sich mit diesen verschiedenen Perspektiven und Ansätzen und den unterschiedlichen fachlichen Zugängen und Forschungsergebnissen intensiv auseinander zu setzen. Hierfür bietet der Beitrag Myschkers einen ausgezeichneten Zugang.

Die Grenzen dieses Überblickwerkes liegen – strukturbedingt – darin, dass bei der Bandbreite des Faches und der Komplexität des Gegenstandbereichs nicht alle Themen und Fragestellungen umfassend behandelt werden können. Dennoch hat der Autor mit dem vorliegenden Werk einen Standard gesetzt; es ist und bleibt „der Myschker“ unter den Grundlagenwerken des Faches im deutschen Sprachraum.

Dr. M. Willmann, HU Berlin

 

Ahrbeck, B. & Willmann, M. (Hrsg.) (2010). Pädagogik bei Verhaltensstörungen – Ein Handbuch., Stuttgart: Kohlhammer, 358 Seiten, 32,– €.

Professionelle Arbeit in Handlungsfeldern der Pädagogik bei Verhaltungsstörungen bietet Komplexität und Vielfalt. Diese Komplexität und Vielfalt findet sich in der theoretischen Rahmung, Beschreibung, Konzeptualisierung, Reflexion und Diskussion des Fachs gleichwohl. Der Anspruch an eine umfassende Darstellung dieser Aspekte stößt nicht nur auf bekannte Schwierigkeiten der Operationalisierung von Sachverhalten unseres Fachs, sondern auch auf ein breites Feld an erklärungsrelevanten Phänomenen, Organisationsformen, Maßnahmen, Konzepten, gesellschaftlichen Kontexten und übergeordneten und bezugswissenschaftlichen Theorien. In diesem Buch wird sehr erfolgreich der Versuch unternommen (denn es kann nur ein Versuch bleiben), diesem Anspruch gerecht zu werden. Sicher gestellt wird dieser Erfolg im vorliegenden Handbuch durch die Auswahl der Expertinnen und Experten für die Darstellung der Geschichte des Fachs, der Handlungsfelder, der Erklärungsansätze, Störungsbegriffe, der Diagnostik, der Interventionsansätze und Handlungskonzepte sowie der gesellschaftlichen Problematik. Aus diesem Grund wird ein hohes Niveau erreicht, dem aber nicht der Anspruch an Verständlichkeit und Prägnanz untergeordnet wird. Somit kann das Handbuch Studierenden und Berufseinsteigern als umfängliche und qualifizierte Basis dienen. Weiterhin bietet es Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen in ihrer praktischen Berufstätigkeit einen aktuellen Überblick über das Fach und nicht zuletzt eine geeignete Textsammlung für die Unterstützung von Lehrveranstaltungen in der Pädagogik bei Verhaltensstörungen.

Jan Hoyer, Leibniz-Universität Hannover


zurück zum Kopf der Seite
aktualisiert am 03.04.2010