Heilpädagogische Forschung
 
Unterschiede in den Rechtschreibleistungen von Förder- und Hauptschülern sowie deren förderpädagogische Implikationen
aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 2 1999
von Jürgen Walter

 

Vor dem Hintergrund der Probleme herkömmlicher und wenig förderungsorientierter Rechtschreibdiagnostik wurde vom Autor ein förderdiagnostisch orientiertes Meßinstrument (DOM = Diagnostik orthographisch- morphologischen Wissens) entwickelt, das es erlaubt, sprachstrukturelle und entwicklungspsychologische Aspekte von Rechtschreibleistungen darzustellen. Es wurde der Frage nachgegangen, ob sich Unterschiede qualitativer und quantitativer Art zwischen gleichaltrigen Förder- und Hauptschülern aufzeigen lassen, und zwar vor dem Hintergrund der Strukturdefizit- versus Entwicklungsverzögerungshypothese von Lernbehinderung. Die rein statistische Analyse zeigt, daß sich die Gruppen sowohl im Niveau unterscheiden als auch hinsichtlich des Verlaufs der Mittelwertkurven. Wichtiger als die Signifikanz für die Interpretation der Befunde ist das Betrachten der Prägnanz, der praktischen Bedeutsamkeit, also der Effektstärke (ES). Die Prägnanz der unterschiedlichen Kurvenverläufe der Niveau-Unterschiede ist relativ gering (ES=.13), die für die Kurvenverläufe bei den Fehlerorten im Wort ist gleich null. Die Strukturunterschiede zwischen Förder- und Hauptschülern sind also nach den vorliegenden Befunden zwar statistisch signifikant, jedoch praktisch bedeutungslos. Aus den gewonnenen Befunden wird deutlich, daß bei einer qualitativ-strukturorientierten Betrachtungsweise der Leistungen von Förder- und Hauptschülern die Entwicklungsverzögerungshypothese Unterstützung findet. Es werden Fördermöglichkeiten aus entwicklungs- und kognitionspsychologischer Perspektive aufgezeigt, die sich, auch international, empirisch als vergleichsweise effektiv herausgestellt haben.

Schlüsselwörter: Rechtschreibleistungen, Förderpädagogik, Lernbehinderte, Förderschüler, Entwicklungsverzögerung, Strukturdifferenz

Differences in spelling achievement of slow and normal learners: Pedagogical implications

In contrast to traditional research in spelling diagnostics, which offers few practical implications for slow learners, the author's diagnostic method of measuring structural linguistic and developmental aspects of spelling ability is oriented to slow learners. In the context of the structural difference approach versus the developmental lag hypothesis, the author examined whether qualitative and quantitative differences exist between slow and normal learners of the same age. The results of a trend analysis show that there are statistically significant differential patterns of achievement in the sense of structural differences; however, the strength of these effects is so weak that they are of no practical use. The results are thus interpreted as compatible with the developmental lag hypothesis. The article concludes with a presentation of training procedures which take into account the children's developmental situations and which have been shown by empirical results to be successful.

Keywords: Spelling achievement, slow learners, developmental lag, structural difference

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aktualisiert am 30.01.2003