Heilpädagogische Forschung
 
Editorial von Herbert Goetze aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 4 2016

Liebe Leserin, lieber Leser
der Heilpädagogischen Forschung,

vielleicht kennen Sie von früher noch diese Zeilen eines Gedichts von Theodor Fontane: „Ich hab’ es getragen sieben Jahr, und ich kann es nicht tragen mehr!“ In meinem Fall geht es nicht um sieben, es sind 20 Jahre seit der Übernahme der Zeitschrift vergangen, seit 1997 fühle ich mich der Heilpädagogischen Forschung so verbunden wie Archibald Douglas seinem König Jakob im Fontane-Gedicht.

Dass nun das Ende meines Engagements für die Heilpädagogische Forschung gekommen ist, hängt weniger mit Alterungsgründen zusammen, vielmehr sind es massive Gegenwinde, die der Herstellung und dem Vertrieb der Heilpädagogischen Forschung als fachwissenschaftlicher Zeitschrift entgegenpeitschen, dazu beispielhaft einige Hintergründe:

„Open access“ aller Forschungsbeiträge wird allenthalben von Wissenschaftsministerien, Forschungsinstitutionen und Universitäten gefordert. Ob intendiert oder nicht: Insbesondere Kleinverlagen – wie dem unseren – wird damit die finanzielle Existenzgrundlage entzogen.

Eine andere existenzvernichtende Tendenz geht von der Streichung der Beteiligung von Verlegern aus; bekanntlich haben höchste Gerichte entschieden, dass Vergütungsansprüche von Verlagen nicht rechtens sind. Die Folgen – simpel formuliert – sind, dass die Kosten bei den Verlagen verbleiben, den Nutzen aber andere ziehen dürfen. Die Heilpädagogische Forschung war jedoch auf diese Verlagsvergütungen in den letzten Jahren angewiesen, um finanziell zu überleben. Nun stehen wir nicht nur vor dem Ausbleiben dieser Beiträge, es liegen aktuell auch diesbezügliche Rückzahlungsforderungen von mehreren tausend Euro vor. Da fallen die durch die Post systematisch betriebenen Portosteigerungen vergleichsweise kaum noch ins Gewicht.

Wie soll es unter solchen Vorzeichen mit der Heilpädagogischen Forschung weitergehen? Es gibt ein Licht am Ende des Tunnels: Der ErnstReinhardtVerlag (München) wird die Heilpädagogische Forschung ab 2017 weiterführen. Ich kann dem Verlag für seine Entscheidung nur meinen Respekt zollen, dass er dieses unternehmerische Risiko in Zeiten eingeht, in denen ihm selbst dieser fachpublikationsfeindliche Wind ins Gesicht schlägt. Den Abonnenten lässt der Verlag ausrichten: „Mit Wirkung zum 1.1.2017 hat der Ernst Reinhardt Verlag die Rechte an dieser Zeitschrift übernommen. Der Verlag wird sich alsbald bei den Abonnenten und Abonnentinnen melden.“

Einen ausgedehnteren Blick zurück in die letzten 20 Jahre zu werfen, gestattet dieses Editorial aus Platzgründen nicht. Es werden aber betrübliche wie positive Emotionen bei uns lebendig: Betrüblich war, dass die Herausgeber-Vorgänger mit allen Mitteln versuchten, unsere Übernahme bis hin zu Boykottaufrufen und Beschwerden bei der Universitätsleitung zu torpedieren. Unangenehm waren aber auch Universitätsanforderungen, an den knappen Einnahmen beteiligt zu werden. Dagegen und viel schwergewichtiger sind die vielen positiven Erfahrungen zu setzen, nämlich massive Unterstützungen, die der Heilpädagogischen Forschung zuteil geworden sind, sie zu (re-)vitalisieren. Erinnert sei z.B. an die viel zu früh von uns gegangenen Kollegen und Freunde Heinz Neukäter, Christian Klicpera und Friedrich Masendorf, vor allem aber auch an die Mitarbeiter und Kollegen, die sich in selbst aufopfernder Weise für die Zeitschrift bis auf den heutigen Tag engagiert eingesetzt haben; hingewiesen sei insbesondere auf unsere Layouterin und den Redaktionsbeirat, es wären aber viele Namen und Persönlichkeiten an dieser Stelle zu nennen, denen wir zu großem Dank verpflichtet sind, deren Aufzählung jedoch den Umfang dieses Editorials sprengen würde.

Benannt werden sollen jedoch die Autorenteams, die mit ihren Fachbeiträgen in dieser vierten Ausgabe des Jahres 2016 vertreten sind:

  • Hans-Christoph Eichert, Alfred Schabmann und Nicole Ramacher-Faasen (Titel: Studieren mit LRS – Ergebnisse einer Lehrenden- und Studierendenbefragung),
  • Armin Castello und Kathi Keune (Titel: Psychische Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen – die Rolle von Lehrkräften für Sonderpädagogik),
  • Markus Scholz, Michael Wagner und Moritz Negwer (Titel: Motorische Fähigkeiten und Kompetenzen im Bereich Kulturtechniken von Schülerinnen und Schülern an Schulen mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Eine Studie aus Rheinland-Pfalz),
  • Stefan Voß, Yvonne Blumenthal, Katharina Marten und Bodo Hartke (Titel: Freundschaften und eine angemessene emotional-soziale Entwicklung als Schutzfaktoren gegen soziale Ablehnung von leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern),
  • Andreas Eckert, Anke Sodogé, Fleur Volkart und Simone Schaub (Titel: Wirksame Förderung pragmatisch-kommunikativer Kompetenzen bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen nach dem Ansatz der Social Stories™).

Wenn Sie diese Ausgabe der Heilpädagogischen Forschung in Händen halten und die Arbeiten studieren, werden Sie – wie gewohnt – von der soliden Qualität der Forschungsbeiträge beeindruckt sein.

Ich möchte der Leserschaft der Heilpädagogischen Forschung gern von meiner Seite aus ein herzliches Adieu zurufen und Sie darum bitten, der Heilpädagogischen Forschung auch unter nun veränderten Bedingungen in Zukunft Ihr Leseinteresse zu schenken,

Ihr
Herbert Goetze

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aktualisiert
am 21.12.2016