Heilpädagogische Forschung
 
Prosodische Sensitivität und phonologische Bewusstheit bei schwachen und durchschnittlichen erwachsenen deutschen Lesern
aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 1 2016
von Barbara Maria Schmidt, Petra Breuer-Küppers, Sina Göntgen und Alfred Schabmann

Neben der phonologischen Bewusstheit (phonological awareness, PA) wird in der Literatur zunehmend die Sensitivität für Betonungs- und Längenmuster in der gesprochenen Sprache (prosodic sensitivity, PS) als bedeutsam für das Lesen diskutiert. Ziel der vorliegenden Studie ist es, bisherige Befunde zum Effekt der PS auf das Lesen bei Erwachsenen zu überprüfen sowie die spezifi­schen Effekte von PA und PS auf das Lesen zu analysieren. PS und PA wurden an einer Stichprobe von 14 schwachen und 72 guten erwachsenen Lesern im Alter zwischen 18 und 30 Jahren gemessen. Die Ergebnisse zeigen deutliche Defizite der schwachen Leser bei zwei von drei Aufgaben zur prosodischen Sensitivität sowie bei allen Deletionsaufgaben zur phonologischen Bewusstheit. Allerdings blieb der Effekt der PS aus, sobald PA kontrolliert wurde, wohingegen umgekehrte bei Kontrolle von PS die Effekte von PA erhalten blieben. Es wurde daraus geschlossen, dass PS Teil und vermutlich Vorläuferfertigkeit von PA ist. Eine Modellierung mittels Pfadanalyse zeigte, dass PS für die Gesamtstichprobe einen nur geringen, über PA vermittelten, Effekt auf das Lesen von Pseudowörtern, jedoch nicht von Wörtern hat.

Schlüsselwörter: Rechenschwäche, Grundschüler, Diagnostik, Prävention, Screening, prognostisch-klassifikatorische Validität, Risiko-Klassifikation

Prosodic sensitivity and phonological awareness among weak and average adult German readers.

In the literature, sensitivity to patterns of emphasis and syllable length in spoken language (prosodic sensitivity, PS) is increasingly being discussed as a factor important for literacy in addition to phonological awareness (PA). The present study aims to both test previous findings regarding the effect of PS on adult literacy and to analyze the specific effects of PA and PS on reading. PS and PS were measured for a sample of 14 weak and 72 strong adult readers ranging in age from 18 to 30 years old. The results show clear deficits among the weak readers in prosodic sensitivity for two of the three tasks as well as in phonological awareness for all deletion tasks. However, the effect of PS was no longer apparent when controlling for PA, while on the other hand, the effects of PA remained after controlling for PS. This led us to conclude that PS is a part of and probably a precursor skill to PA. For the entire sample, modeling via path analysis showed that PS had only a small, indirect effect (via PA) on reading pseudo-words, but not real words.

Keywords: prosodic sensitivity, phonological awareness, reading problems

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aktualisiert
am 22.03.2016