Editorial von
Herbert Goetze aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 4 2015
Liebe Leserin, lieber Leser
der Heilpädagogischen Forschung,
zum Ende dieses in fachlicher Hinsicht turbulenten Jahres 2015 erwartet Sie eine Ausgabe der
Heilpädagogischen Forschung, die inhaltlich widerspiegelt, was derzeit an Themen diskutiert wird.
An erster Stelle stellen die Heidelberger Kollegen Manfred Hintermair, Klaus Sarimski und Markus Lang ihre
Forschungsarbeit unter dem Titel Sozial-emotionale Kompetenzen von Kleinkindern mit einer Behinderung aus Sicht
der Eltern – Eine vergleichende Studie mit geistig behinderten, hörgeschädigten und sehgeschädigten Kindern
vor. In der Studie wurden nicht weniger als 259 Kleinkinder mit Hör- und Sehschädigungen sowie intellektuellen
Einschränkungen in Bezug auf ihre sozial-emotionalen Kompetenzen eingeschätzt. Als Ergebnis zeigten sich
Unterschiede zwischen den Behinderungsgruppen sowie zwischen der jüngeren und älteren Altersgruppe, woraus sich
vordringlich die Förderung dieser Kompetenzen als eine zentrale Aufgabe der Frühförderung ableiten lässt.
Das Thema Einstellungen zur Integration wird an zweiter Stelle von Hansjörg Abegglen, Susanne Schwab und
Marco G.P. Hessels aufgegriffen. Das Schweizer Autorenteam geht der Frage nach, inwiefern Erfahrungen mit
Integration im direkten Berufskontext die Einstellung von Studierenden, Regellehrkräften, Speziallehrkräften
und SchulleiterInnen beeinflussen. Die Ergebnisse zeigen auf, welche Bedingungen zu positiveren Einstellungen
zur Integration führen können.
An dritter Stelle findet sich ein lesenswerter Beitrag von Angelika Schiefer, Barbara Maria Schmidt, Eveline
Bader und Alfred Schabmann unter dem Titel Wie geht Schule in Österreich mit Lese-Rechtschreibstörungen um? Die
Studie erbringt zunächst bedeutsame Befunde für Österreich – vor allem über Defizite in der
Lehrerausbildung und mangelnde Fortbildung im Bereich LRS. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Situation in
Deutschland ähnlich darstellt, so dass sich hier eine Forschungslücke auftut.
Im abschließenden Bericht von Adrienne Biermann und Thomas Brand kommen wir wiederum auf das Inklusionsthema
zurück. Anlass ist das bisher kaum gelöste Problem, die Zielgruppe von Schülerinnen und Schülern mit mehrfachen
und schwersten Behinderungen in die schulische Inklusion einzubinden, bisher ist diese Schülergruppe in der
Fachdiskussion und in der inklusiven Schulpraxis deutlich vernachlässigt worden. Nun soll auf lokaler Ebene in
Berlin-Spandau das Konzept einer Schule ohne Grenzen realisiert werden, bei dem die Evangelische Schule Spandau
und die August-Hermann-Francke-Schule (ein Förderzentrum mit den Förderschwerpunkten Geistige Entwicklung sowie
Körperliche und motorische Entwicklung) beteiligt sind. Man darf gespannt darauf sein, wie das Konzept
realisiert werden wird, zumal empirische Erfolgskontrollen das Vorhaben begleiten werden.
Das vielschichtige und komplexe Thema Inklusion wird uns in Zukunft weiter beschäftigen, Sie dürfen auf die
kommenden Beiträge in den nächsten Ausgaben der Heilpädagogischen Forschung schon jetzt gespannt sein,
Ihr
Herbert Goetze |