Editorial von
Herbert Goetze aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 3 2015
Liebe Leserin, lieber Leser
der Heilpädagogischen Forschung,
ich bin neulich einmal danach gefragt worden, wie man die inhaltliche/programmatische Ausrichtung der
Heilpädagogischen Forschung beschreiben könnte. Die Antwort führte mich zurück in die Historie diese
Fachzeitschrift, denn diese Zeitschrift kann wohl die zweitälteste Tradition im Fach aufweisen und ist aus
diesen Gründen bei allen, die mit Förder-, Sonder-, Heil- bzw. Behindertenpädagogik zu tun haben, mental sehr
präsent. Hochrangige Fachvertreter gehörten zu den Herausgebern und auch zu den Fachbeiräten. Es ist aber
nicht die Historie allein, die die Heilpädagogische Forschung als fachliches Kommunikationsorgan so bedeutend
macht. Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen wissenschaftlich zu ergründen ist das zentrale Anliegen,
eine humanistische Grundeinstellung ist für die aufgenommenen Beiträge kennzeichnend.
Ich möchte nun nicht behaupten: Wer hier nicht publiziert hat, hat etwas versäumt; dagegen lässt sich
belegen: Wer hier als Autor(in) hervorgetreten ist, hat einen Review-Prozess erfolgreich durchlaufen, der
als Gütekriterium für solides wissenschaftliches Arbeiten gelten kann. Mir sind Fälle bekannt, bei denen
Veröffentlichungen in der Heilpädagogischen Forschung den Ausschlag für die Besetzung von Hochschulpositionen
gegeben haben. Die Regel ist nämlich: Es werden Beiträge aufgenommen, die eine solide methodische Basis
aufweisen und zu beachtlichen Ergebnissen kommen.
In diesem Sinn erwarten Sie in dieser Ausgabe beachtliche Arbeiten. An erster Stelle legen Sabine Weiß,
Ulrich Heimlich, Reinhard Markowetz und Ewald Kiel eine Clusteranalyse zur Frage nach der Entscheidung für ein
sonderpädagogisches Lehramt vor. Wer sich von uns einmal für ein solches Studium entschieden hat, wird sich
vielleicht bestätigt finden, richtig entschieden zu haben.
Im darauf folgenden Beitrag geht es um die Gutachtenerstellung zum sonderpädagogischen Förderbedarf – am
Beispiel Österreichs. Die Autorinnen Susanne Schwab, Silvia Kopp-Sixt und Eva Bernat fassen in ihrem Beitrag
ktuelle Studien zusammen und stellen heraus, welche diagnostischen Vorgehensweisen bei der Gutachtenerstellung
umgesetzt werden. Offensichtlich hat es hier in den letzten Jahren Verbesserungen gegeben hinsichtlich der
Qualität des Gutachtenprozesses, es bleibt jedoch die Notwendigkeit, die Gutachtenerstellung weiterhin zu
optimieren – in Österreich und in Deutschland.
In Zeiten der Qualitätssicherung heilpädagogischer Praxis wird immer wieder das Problem von Evaluationen
deutlich, dem im nachfolgenden Beitrag durch den Herausgeber nachgegangen wird. Konkret ging es darum, eine
Weiterbildung in Spieltherapie für Heilpädagogen einer internen und externen Evaluierung zu unterziehen.
Eine solche Evaluationsstudie zu einer langjährigen Fortbildungsarbeit auf einem so wichtigen Feld der
heilpädagogisch-psychologischen Arbeit ist eher selten in der Fachliteratur aufzufinden. Die einzelnen
Schritte der Evaluation sind nachvollziehbar; die jeweiligen Ergebnisse angemessen präsentiert wie auch die
Methodenkritik – vielleicht machen Ihnen diese Hinweise Appetit, die ganze Studie lesend
nachzuvollziehen?
Im Berichtsteil dieser Ausgabe wird ein aktuell gewordenes Thema aufgegriffen, dem wir uns nicht nur nicht
verschließen, das wir im Gegenteil verschärft in den Fokus unserer Aufmerksamkeit setzen sollten:
Flüchtlingskinder mit Behinderungen.
Wie immer wünsche ich Ihnen eine interessante Lektüre der in dieser Ausgabe versammelten Beiträge zu
vielfältigen Themen,
Ihr
Herbert Goetze |