In der vorliegenden Untersuchung wird Sexualitätswünschen von Jugendlichen mit Trisomie 21 nachgegangen.
Auch Jugendliche mit einer geistigen Behinderung müssen sich in dieser zentralen Lebensphase dieser
Entwicklungsaufgabe stellen, da sie sich in der Regel körperlich nicht oder kaum verzögert entwickeln. Der
Umgang mit der erwachenden Sexualtität, den Partnerwünschen und dem Kinderwunsch stellt aber für sie selbst
und auch für ihre Bezugspersonen eine besondere Herausforderung dar. Sexualität bei geistig behinderten
Jugendlichen und jungen Erwachsenen war lange durch viele Tabus gekennzeichnet. Die gesetzlichen
Veränderungen, z.B. das Betreuungsgesetz aus dem Jahr 1992, aber auch die UNO-Konvention über die Rechte
von Menschen mit geistiger Behinderung aus dem Jahr 2006, von der Bundesregierung Deutschland 2008
übernommen, haben einen öffentlichen Diskussionsprozess eingeleitet. Wie weit dieser aber auch bereits
die Einstellungen der unmittelbar Betroffenen verändert hat, ist bislang ungeklärt. In der hier vorgestellten
Untersuchung wurden überwiegend die Eltern, aber zu einigen Fragen auch die Jugendlichen selbst befragt, und
zwar zur Akzeptanz von Sexualität, Partnerschaft und Familiengründung bzw. Kinderwunsch. Die Jugendlichen und
jungen Erwachsenen waren zum Zeitpunkt der Untersuchung (2010) 17–20 Jahre (n = 18) bzw. 21–24 Jahre
(n = 12)
Jahre alt und entstammten zu zwei Dritteln einer Längsschnittstudie, die im Säuglingsalter der Teilnehmer im
damaligen Berlin-West begonnen worden war; 11 jüngere Teilnehmer wurden vom Zweitautor neu und überwiegend
im Lande Brandenburg rekrutiert. 19 der 30 Teilnehmer waren männlichen, 11 weiblichen Geschlechts. Zusätzlich
zu den Fragen zum Umgang mit Sexualität wurden der kognitive Entwicklungsstand
(Minnesota-Entwicklungsfragebogen) und der Entwicklungsstand der sozialen Kompetenz (Vineland Social
Adaptive Scales) der jungen Leute mit Trisomie 21 durch Befragung ihrer Eltern erhoben. Im Ergebnis
zeigte sich, dass alle befragten Eltern ihren Jugendlichen grundsätzlich die Möglichkeit von
Geschlechtsverkehr zugestanden. Auch befürworteten sie einen antizipierten Heiratswunsch ihrer Kinder.
Einer möglichen Elternschaft von Menschen mit geistiger Behinderung standen sie aber eher skeptisch bis
ablehnend gegenüber. Eltern mit einem höheren Bildungsgrad hatten die größeren Bedenken. Das kognitive
Entwicklungsniveau der Jugendlichen war für deren eigenen Ehe- oder Kinderwunsch nicht von Bedeutung, wohl
aber ihr Geschlecht und ihr Alter: Die jungen Frauen träumten eher von Ehe, Familie und Kindern als die
jungen Männer, und die etwas älteren Befragten äußerten eher Bedenken. Die durchgängige Zustimmung der
befragten Eltern zur Sexualität ihrer geistig behinderten Kinder war in diesem Ausmaß nicht erwartet worden.
Ebenso überraschten die von etlichen der Jugendlichen doch recht differenzierten Zukunftsvorstellungen.
Schlüsselwörter: Trisomie 21, Down-Syndrom, Sexualität bei geistiger Behinderung, Heirat und
Elternschaft bei Behinderunge |
How sexuality and starting a family are perceived by youth with trisomy 21 and their parents.
This study deals with sexuality problems of youth with trisomy 21. Youth with intellectual disabilities
(like non disabled youngsters) are faced with developmental tasks during this important developmental period,
since their physical development seems nearly not delayed. Important areas of concern for them and their
caregivers are developing sexual drives, wishes for a partner and desires for children. Historically
sexuality of people with intellectual disabilities has been dealt with in a tabooed manner. But recent
developments like changed German laws from 1992 on and the UN convention from 2006 (ratified by German
parliament in 2008) may have opened an increased general public awareness of this topic. But it remains
unclear, if attitudes of parties involved have changed simultaneously. In this study it is investigated how
parents of youth with trisomy 21 and youngsters themselves view sexuality, wishes for a partnership and
desires for a family and children of their own. N = 18 youngsters (aged 17–20 years) and N = 12 young adults
(aged 21–24 years) were included in this investigation which took place in 2010. Two thirds of them were
recruited from an earlier longitudinal study which was started years ago in Berlin West when targeted youngsters
were still babies. In order to enlarge sample size the second author enlarged the sample size by including
11 participants from the state of Brandenburg (Germany). From 30 participants 19 were males. Applied
instruments included a parent questionnaire about youth’ sexuality, the Vineland Adaptive Behavior Scales
and a revised form of the Minnesota Child Development Inventory. Results indicated that parents did show
positive attitudes towards granting sexual relationships of their children and anticipated wishes to be
married. But there seem to be negative parental attitudes toward parenthood depending on parental higher
social status. Youths’ cognitive levels were not related to youngsters’ wishes for family and parenthood,
but gender and age were: Young women were likely to dream about marriage, family and children compared to
young males, older participants were more concerned than the younger ones. It is concluded that the extent
of parental acceptance of children’s sexual needs had not been anticipated. Also, a surprisingly
differentiated perception of future life of many youngsters with trisomy 21 was found.
Keywords: trisomy 21, Down syndrome, sexuality, intellectual disability, marriage, parenthood. |