In der vorliegenden Studie wird die Akkuratheit von Einschätzungen
der Eltern zu Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens ihrer Kinder
untersucht. Es wird der Frage nachgegangen, welche Rolle Lehrerurteile
und die Testleistungen der Kinder (als Grundlage für eigene
Beobachtungen der Eltern) dabei spielen. Außerdem wird analysiert,
welchen Einfluss sachfremde Merkmale der Kinder (Verhaltensauffälligkeiten)
und die Bildungsnähe der Familie haben und wie stark die genannten
Effekte über die Klassen (LehrerInnen) variieren. 180 Eltern
von Grundschülern wurden gebeten, die Lesefähigkeit ihrer
Kinder am Anfang der ersten und am Ende der zweiten Klasse sowie
ihr Verhalten im Alltag einzuschätzen. Parallel wurden zu diesen
Zeitpunkten die Testleistungen der Kinder und die Einschätzungen
der LehrerInnen erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass – wenn
überhaupt – Schwierigkeiten und auch Leistungsverbesserungen
nur mit einer Verzögerung wahrgenommen werden. Zu Beginn der
Grundschulzeit sind die Eltern leseschwacher Kinder kaum in der
Lage, die Leistungen korrekt einzuschätzen. Sie orientieren
sich dabei so gut wie nicht an den Einschätzungen der LehrerInnen.
Lediglich am Ende der Grundschulzeit ist ein schwacher Zusammenhang
zwischen Lehrer- und Elterneinschätzungen bei Familien mit
einem höheren Bildungsstand zu beobachten. Außerdem korrespondieren
die Einschätzungen der Eltern nur in besser gebildeten Familien
mit den Testleistungen. Sachfremde Merkmale der Kinder spielen bei
den Einschätzungen der Eltern eine untergeordnete Rolle. Eine
mehrebenenanalytische Analyse zeigt, dass es keine Unterschiede
im Einfluss der Lehrereinschätzung auf die Elternurteile in
Abhängigkeit der Klasse gibt.
Schlüsselwörter: Leseleistungen, Elterneinschätzungen,
Lehrereinurteile, Bildungsnähe in der Familie |
Are parents able to assess their children’s reading ability
correctly? – Accuracy and prediction of their judgement.
In this study the influence of teachers’ judgements, test
performance and problematic child behaviour (externalized and internalized
behavior problems) on parent’s assessment of their children’s
reading ability was analyzed. Additionally the influence of family’s
educational background on judgements was examined. Class (teacher)
effects were taken into account.
180 parents of students in primary schools in Lower Austria were
asked to assess their children’s reading ability as well as
their every day behavior at the beginning of grade 1 and the
end of grade 2. At the same points in time standardized measures
were applied and teachers were asked to assess students’ progress
in learning to read. It could be shown that only about 18 % of the
parents of grade 1 children and one third of grade 2
could detect their children’s reading difficulties. Furthermore,
only for higher educated parents substantial correlations between
teachers’ and parents’ judgments were found at the end
of grade 2. Correlations between parents’ judgements
and test scores were close to zero for lower educated parents in
grade 1 and more substantial for higher educated parents. At
the end of grade 2, these correlations were significant for
both groups. No class (teacher) effects were found for the interaction
of parents’ and teacher judgements.
Keywords: reading ability, parents’ judgements, teachers’
judgements, parents’ education |