Heilpädagogische Forschung
 
Wie gut können Eltern den Leistungsstand ihrer Kinder im Lesen beurteilen –
Akkuratheit der Einschätzungen und Prädiktoren

aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 4 2011
von Barbara Maria Schmidt und Alfred Schabmann

In der vorliegenden Studie wird die Akkuratheit von Einschätzungen der Eltern zu Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens ihrer Kinder untersucht. Es wird der Frage nachgegangen, welche Rolle Lehrerurteile und die Testleistungen der Kinder (als Grundlage für eigene Beobachtungen der Eltern) dabei spielen. Außerdem wird analysiert, welchen Einfluss sachfremde Merkmale der Kinder (Verhaltensauffälligkeiten) und die Bildungsnähe der Familie haben und wie stark die genannten Effekte über die Klassen (LehrerInnen) variieren. 180 Eltern von Grundschülern wurden gebeten, die Lesefähigkeit ihrer Kinder am Anfang der ersten und am Ende der zweiten Klasse sowie ihr Verhalten im Alltag einzuschätzen. Parallel wurden zu diesen Zeitpunkten die Testleistungen der Kinder und die Einschätzungen der LehrerInnen erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass – wenn überhaupt – Schwierigkeiten und auch Leistungsverbesserungen nur mit einer Verzögerung wahrgenommen werden. Zu Beginn der Grundschulzeit sind die Eltern leseschwacher Kinder kaum in der Lage, die Leistungen korrekt einzuschätzen. Sie orientieren sich dabei so gut wie nicht an den Einschätzungen der LehrerInnen. Lediglich am Ende der Grundschulzeit ist ein schwacher Zusammenhang zwischen Lehrer- und Elterneinschätzungen bei Familien mit einem höheren Bildungsstand zu beobachten. Außerdem korrespondieren die Einschätzungen der Eltern nur in besser gebildeten Familien mit den Testleistungen. Sachfremde Merkmale der Kinder spielen bei den Einschätzungen der Eltern eine untergeordnete Rolle. Eine mehrebenenanalytische Analyse zeigt, dass es keine Un­ter­schiede im Einfluss der Lehrereinschätzung auf die Elternurteile in Abhängigkeit der Klasse gibt.

Schlüsselwörter: Leseleistungen, Elterneinschätzungen, Lehrereinurteile, Bildungsnähe in der Familie

Are parents able to assess their children’s reading ability correctly? – Accuracy and prediction of their judgement.

In this study the influence of teachers’ judgements, test performance and problematic child behaviour (externalized and internalized behavior problems) on parent’s assessment of their children’s reading ability was analyzed. Additionally the influence of family’s educational background on judgements was examined. Class (teacher) effects were taken into account.
180 parents of students in primary schools in Lower Austria were asked to assess their children’s reading ability as well as their every day behavior at the beginning of grade 1 and the end of grade 2. At the same points in time standardized measures were applied and teachers were asked to assess students’ progress in learning to read. It could be shown that only about 18 % of the parents of grade 1 children and one third of grade 2 could detect their children’s reading difficulties. Furthermore, only for higher educated parents substantial correlations between teachers’ and parents’ judgments were found at the end of grade 2. Correlations between parents’ judgements and test scores were close to zero for lower educated parents in grade 1 and more substantial for higher educated parents. At the end of grade 2, these correlations were significant for both groups. No class (teacher) effects were found for the interaction of parents’ and teacher judgements.

Keywords: reading ability, parents’ judgements, teachers’ judgements, parents’ education

zur Übersicht des Jahrgangs 2011
pic/blindgelb.gif (103 Byte)
zurück zum Kopf der Seite
aktualisiert am 25.12.2011