Heilpädagogische Forschung
 
Editorial von Herbert Goetze aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 3 2011

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Liebe Leserin, lieber Leser
der Heilpädagogischen Forschung,

Sie werden es in Ihrem Umkreis schon bemerkt haben, dass eine weitere Bombe in der Sonderpädagogik tickt: Schulen mit Kindern aus Migrantenfamilien werden zunehmend zu Problemschulen; sie sind meist in sozialen Brennpunkten der Großstädte lokalisiert und werden zu „Sammelstellen für schwierige Schüler“, wie eine Schlagzeile in der Berliner Presse lautet. Die Sekundarstufenreform hat die Probleme noch verschlimmert, die seit Jahren bekannt sind, ohne dass entscheidende sonderpädagogische Weichenstellungen erfolgt wären. Und so halten Vandalismus, Gewalt und Schulabsentismus weiter Einzug in den Schulalltag, der von allen Beteiligten nur noch als Last empfunden wird.

Die Heil- und Sonderpädagogik hat sich diesem Problem gegenüber bisher noch nicht genügend geöffnet. In dieser Ausgabe der Heilpädagogischen Forschung werden Sie einen Beitrag von Günter Faber, Joachim Tiedemann und Elfriede Billmann-Mahecha von der Universität Hannover finden, der unter dem Titel „Selbstkonzept und Lernfreude in der Grundschulmathematik: die Bedeutung von Geschlecht und Migration“ eines der anstehenden Probleme aufgreift. Die Grundschulstudie erbrachte z. B., dass die Leistungs- und Selbstkonzeptunterschiede zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund zeitkonstant erhalten bleiben, aber lesen Sie selbst die Details nach.

Unter dem Titel „Die Entwicklung eines auch computerbasiert einsetzbaren In­struments zur formativen Messung der Lesekompetenz“ hat Jürgen Walter von der Flensburger Universität untersucht, ob ein auch computerbasiert einsetzbares Messinstrument zur formativ ausgerichteten Veränderungsmessung der Lesekompetenz die notwendigen Gütekriterien wie Schwierigkeitshomogenität der Paralleltests, Paralleltest-Reliabilität, kriteriumsorientierte Validität sowie Konstruktvalidität aufweist. Nicht weniger als 1158 Schüler waren in die Studie einbezogen, die schließlich erfreuliche Ergebnisse zeitigte.

Kristina Clausen-Suhr wandte sich in ihrem Vorhaben der frühen mathematischen Bildung im Kindergarten zu, indem sie kurz- und langfristige Effekte einer frühen Förderung mit dem Programm „Mit Baldur ordnen, zählen, messen“ anwandte. Die Längsschnittstudie, an der 160 Kindergartenkinder beteiligt waren, umfasste unterschiedliche Messungen im Prä-Post-Verfahren; schließlich konnten erstaunliche Fördereffekte bei den trainierten Kindern gesichert werden.

Ingeborg Thümmel wendet sich in ihrer Arbeit einer anderen sonderpädagogischen Zielgruppe zu: den wenig- bzw. nichtsprechenden Schülern im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung; hier interessierte die Frage, inwieweit der Einsatz von Methoden und Technologien der sog. Unterstützten Kommunikation im Bundesland Niedersachsen verbreitet ist. Ein Ergebnis der Studie war, dass mehr als ein Viertel der Schüler an diesen Bildungseinrichtungen als kaum- beziehungsweise nichtsprechend klassifiziert ist und landesweit ein gravierendes Defizit an Unterstützter Kommunikation besteht.

Diese Ausgabe der Heilpädagogischen Forschung greift einmal mehr unterschiedliche Brennpunkte der aktuellen Heil- und Sonderpädagogik auf: Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre,

Ihr
Herbert Goetze

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aktualisiert am 25.12.2011