Wenn in Leistungssituationen ein negatives Stereotyp über
die Leistungsfähigkeit eines Schülers aktiviert wird,
stellt dies eine potenzielle Bedrohung seines Selbstwertes dar.
Im Sinne einer sich-selbst-erfüllenden Prophezeiung kann es
infolge dessen zu schlechteren Testleistungen kommen und das
Stereotyp wird bestätigt. Dieser Zusammenhang wurde von Steele
und Kollegen untersucht und als Stereotype Threat (ST) bezeichnet.
Bisherige Forschung konnte den ST vor allem bei der intellektuellen
Testleistung von Afro-Amerikanern sowie bei der Mathematikleistung
von Schülerinnen, aber auch in anderen Bereichen nachweisen.
Allerdings liegen bisher wenige Studien vor, die ST im Kontext des
Stereotyps einer Behinderung untersuchen. Im deutschen Schulsystem
werden die meisten Kinder mit einer Lernstörung oder Lernbehinderung
in separierten Förderschulen unterrichtet. Die vorliegende
Studie geht der Frage nach, ob das Etikett des Besuchs einer solchen
Förderschule zu einem negativen ST-Effekt führen kann.
Dazu wurden Schüler von Schulen des Förderschwerpunkts
Lernen zufällig einer Kontroll- und einer Experimentalgruppe
zugeteilt. Beide Gruppen führten einen kognitiven Leistungstest
(Raven SPM) durch und beantworteten anschließend Fragen
zu ihrer aktuellen Prüfungsängstlichkeit. Zur Aktivierung
des Stereotyps wurde die Experimentalgruppe vor Durchführung
des Tests nach dem Namen der von ihr besuchten Schule gefragt, während
die Kontrollgruppe lediglich nach dem Wochentag gefragt wurde. Wie
auf Basis des ST zu erwarten, fanden sich geringere kognitive Leistungen
nach Aktivation des Stereotyps (d = 0.44), sowie eine
erhöhte Aufgeregtheit nach Ende des Tests (d = 0.32).
Post-hoc-Analysen weisen darauf hin, dass nicht alle Schüler
der Experimentalgruppe von ST betroffen waren.
Schlüsselwörter: Förderschwerpunkt Lernen; Lernbehinderung;
Sterotype Threat; Prüfungsängstlichkeit
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Stereotype-threat
effects on students of special education classes for slow learners.
When membership to a negatively stereotyped group
is activated and people are at risk to confirm this stereotype,
their self-worth is threatened. From this finding Steele and colleagues
developed the theory of stereotype threat. The effect of negative
stereotypes on cognitive performance has been shown repeatedly.
Up to now research has focused primarily on women’s math performance
and intellectual test performances of African Americans. Less research
has been done on the relation of stereotype threat and disabilities.
German students with severe learning problems are mostly educated
in separated schools. They are broadly stereotyped to fail in intellectual
tasks. For this reason, we wanted to know whether or not attending
a school for students with learning problems may evoke stereotype
threat. Therefore, we randomly assigned 93 7th to 10th grade students
from a special education school to two experimental groups. Both
groups performed intelligence test tasks. Before test items were
administered the stereotype-group was asked which school they attended,
while control-group members were asked for the weekday. As hypothesized,
we found significant lower test performances in the stereotyped
group (d = 0.44) as well as an increased test related
excitement (d = 0.32). But Post-hoc analyses suggest evidence
that not all students of the experimental condition were affected
by stereotype threat.
Keywords: slow learners; learning disability; stereotype
threat; test anxiety |