Editorial von
Herbert Goetze aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 3 2010
Editorial als Audio hören!
Liebe Leserin, lieber Leser
der Heilpädagogischen Forschung,
immer deutlicher werden Tendenzen, über den eigenen nationalen ‚Tellerrand‘ hinweg zu schauen, sich über ausländische Problemlösungen zu informieren, Kooperationen aufzusuchen und vielleicht gemeinsame Wege zu gehen; deshalb ist die Zeit dafür reif, dass die deutschsprachige Behindertenpädagogik vermehrt ihre Aufmerksamkeit auf Diskussionen, Entwicklungstendenzen und Forschungen des – auch nicht-amerikanischen – Auslands richtet. Für wissenschaftliche Fachzeitschriften wie die Heilpädagogische Forschung ergibt sich daraus die Notwendigkeit, Beiträge des fremdsprachigen Auslands in das Veröffentlichungsrepertoire aufzunehmen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan, denn i. d. R. trennen uns schwer überwindliche kulturelle, v. a. sprachliche Barrieren; nur Arbeiten auf deutsch erscheinen uns akzeptabel. Dafür sind häufig erhebliche Überarbeitungen notwendig, für die das Redaktionsteam der Heilpädagogischen Forschung seine „Bordmittel“ aktivieren muss. Bereits in der letzten Ausgabe der Heilpädagogischen Forschung haben wir einen Versuch gestartet und die sonderpädagogische Situation in der VR China beleuchtet. In dieser Ausgabe nun bieten wir Ihnen an dritter Stelle einen Bericht aus Spanien an, der sich mit dem Thema „Förderung von Theory-of-Mind-Fähigkeiten bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen“ befasst.
An erster Stelle findet sich der (ausländische) Forschungsbeitrag von Barbara Maria Schmidt und Alfred Schabmann von der Wiener Universität zum Thema der korrekten Lehrereinschätzungen über mögliche Lese-Rechtschreibprobleme. Das Autorenteam fragte danach, ob bzw. wie gut Lehrkräfte dazu in der Lage sind, Lese- und Rechtschreibleistungen prognostisch einzuschätzen. Werden entsprechende Probleme, die schon sehr früh sichtbar werden, von ihnen als gravierend erkannt, oder werden sie als passager angesehen? Es liegt auf der Hand, dass die Antwort erhebliche Konsequenzen für die notwendig werdenden unterrichtlichen Interventionen haben muss.
Es folgt die Forschungsarbeit der Münchener Autorengruppe Angela Gosch, Johanna Huber, Denise Peters, Monica Ionescu und Anita Donaubauer, in der es um Einstellungsänderungen bei Schülerinnen und Schülern gegenüber Menschen mit Behinderungen ging; das Autorenteam hat das Projekt „Perspektivwechsel“, das von Menschen mit Körper- und Sinnesbehinderungen unterrichtlich angeleitet wurde, dahin gehend evaluiert, ob Einstellungen von Kindern gegenüber Menschen mit Behinderung durch eine kognitive und verhaltensbezogene Intervention positiv verändert werden. Die Ergebnisse geben zu positiven Hoffnungen Anlass.
An letzter Stelle wird ein Beitrag Aus der Praxis konkrete Unterrichtshilfen zu einem gleichbleibend wichtigen Thema vorschlagen, nämlich Resilienzförderung im Unterricht. Hier wird dem Problem nachgegangen, wie man unterrichtlich Resilienz bei Risikoschülern fördern kann, wie man also weniger ‚resilienten‘ Kindern helfen kann, ‚stark’ zu werden, d. h. wie man ihnen jene Fähigkeiten vermitteln könnte, die die ‚starken‘, resilienten Kinder bereits aufzuweisen scheinen und die Risikokinder so dringend für ihr Zurechtkommen benötigen.
Diese Ausgabe wird mit einem Rezensionsteil und einer Aufstellung interessanter Neuerscheinungen abgeschlossen.
Lassen Sie sich vom Inhalt dieser Ausgabe der Heilpädagogischen Forschung überraschen,
Ihr
Herbert Goetze |