Editorial von
Herbert Goetze aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 1 2010
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Liebe Leserin, lieber Leser der Heilpädagogischen Forschung,
ich habe Ihnen zwei positive Nachrichten zu vermelden, die erste in eigener Sache:
Seit Januar 2010 ist Herr Professor Dr. Paul Probst von der Universität Hamburg unser neues Mitglied im Redaktionsteam, und ich heiße ihn in dieser Funktion herzlich willkommen. Sie werden Prof. Probst bereits als Autor fundierter empirischer Beiträge aus der Heilpädagogischern Forschung kennen, er hatte zuletzt in unserer vierten Ausgabe des Jahres 2009 über eine Evaluation eines TEACCH-basierten Förderprogramms für Erwachsene mit Autismus-Spektrum-Störungen publiziert, davor eine empirische Studie zur Sozialen Validität des Triple P-Programms, ist aber v. a. durch weitere viel beachtete Publikationen zu Interventionen bei Personen mit Autismus-Spektrum-Störungen hervorgetreten. Professor Probst wird uns dabei unterstützen, die Standards der Heilpädagogischern Forschung aufrecht zu erhalten und weiter zu entwickeln.
Die zweite Nachricht betrifft die universitäre Ausbildung in Sonderpädagogik. Vielleicht werden sich manche Leserinnen und Leser noch an meine Worte an dieser Stelle erinnern, wie ich den Niedergang der Sonderpädagogik-Ausbildung an der Universität Potsdam und die Schließung des Instituts für Sonderpädagogik beklagt hatte. Ich schrieb z. B. seinerzeit in meinem Editorial des 2. Heftes aus 2003: „Nachdem mit Millionenaufwand dieses Institut errichtet worden war, erkannte die Brandenburger Bildungs- und Wissenschaftspolitik – auf Grund fehlerhafter Statistiken –, dass das neu gegründete Institut überflüssig sei; die zuständige Fakultät unter dem Dekanat des Pädagogen Hanno Schmitt hatte dann nichts Eiligeres zu tun, als den Beschluss zu fassen, das fragliche Institut zu schließen.“ Und sechs Jahre später ist nun im Koalitionsvertrag vom 5.11.2009 zwischen den Regierungsparteien (SPD Brandenburg und Die Linke Brandenburg) für die 5. Wahlperiode des Brandenburger Landtages zu lesen: „Die Koalition wird Initiativen entwickeln, damit das Ansehen des Lehrerberufs steigt. Die Lehrerausbildung wird verstärkt. Insbesondere sollen in Brandenburg wieder Lehrkräfte für Sonder- und Berufsschulpädagogik ausgebildet werden“ (S. 11). So viel zur Weitsichtigkeit der Planung unserer Bildungspolitiker.
Wie immer können Sie auch in dieser Ausgabe interessante Beiträge zur Behindertenpädagogik lesen. An erster Stelle werden Jürgen Wilbert und Matthias Grünke einen empirischen Vergleich des Lehrerbildes von Schülern der Förderschule Lernen und der Regelschule anstellen und Übereinstimmungen, aber auch Unterschiede zwischen den beiden befragten Zielgruppen aufzeigen.
Heinz Krombholz wird anschließend eine explorative Längsschnittstudie vorstellen und Ergebnisse zur Entwicklung von sechs- bis achtjährigen Kindern mit motorischen Entwicklungsstörungen (DCD) mitteilen. Dass DCD-Kinder weniger in motorischen und kognitiven Bereichen leisten, wird kaum überraschen; wie aber die Unterschiede zu normal entwickelten Kindern zu erklären sind, dafür wird Heinz Krombholz empirische Belege liefern.
Die Funktionale Diagnostik von selbstverletzendem Verhalten bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung ist das Thema der Untersuchung von Pia Bienstein und Susanne Nußbeck. In der Untersuchung stand dabei die Frage im Mittelpunkt, welche Methoden in psychiatrischen Kliniken und (Wohn-) Einrichtungen der Behindertenhilfe im diagnostischen Prozess verwendet werden, um Informationen über die Funktionalität des selbstverletzenden Verhaltens zu gewinnen. Offensichtlich muss der funktionalen Diagnostik bei selbstverletzendem Verhalten in Deutschland ein viel größeres Gewicht zukommen, als dies bisher realisiert wird – so ließe sich aus dieser interessanten Studie schlussfolgern.
Der abschließende Bericht von Markus Scholz befasst sich mit Mediencharakterisierungen behinderter Menschen in der Presse; genauer gesagt ging es ihm um Charakterisierungen behinderter Personen innerhalb der Printmedien. Es zeigte sich, dass entgegen den Erwartungen die Charakterisierung von Menschen mit Behinderung in der Presse recht heterogen ausfällt. Eine Detailanalyse ergibt zudem, dass Unterschiede zwischen dem englischsprachigen und dem deutschen Forschungsraum existieren; es zeigt sich also ein vielfältigeres Bild, das sich nicht gänzlich auf die Beschreibung von Klischees reduzieren lässt.
Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Leseinteresse,
Ihr Herbert Goetze |