Editorial von
Herbert Goetze aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 3 2008
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Liebe Leserin und lieber Leser der Heilpädagogischen Forschung,
lassen Sie mich dieses Editorial zunächst zum Anlass nehmen, Ihre Aufmerksamkeit auf die ökonomische Situation dieser Zeitschrift zu lenken. Seit 1997 wird die Heilpädagogische Forschung als Drittmittelprojekt an der Universität Potsdam betrieben. ‚Drittmittelprojekt‘ bedeutet, dass Ausgaben und Einnahmen zumindest die ökonomische Balance zwischen Haben und Soll zu halten haben, soll es nicht zur Einstellung des Drittmittelprojekts und damit dieser bedeutsamsten deutschsprachigen Forschungszeitschrift der Sonderpädagogik kommen.
Diese Zeitschrift richtet sich an eine Klientel, die an den aktuellen Entwicklungen dieser Wissenschaftsdisziplin interessiert ist, und diese Zielgruppe ist naturgemäß nicht sehr groß, was natürlich direkte Auswirkungen auf die Auflagenhöhe haben muss. Unser Budget ist entsprechend extrem knapp gehalten, mit der Folge, dass wir es uns z. B. versagen müssen, Redakteure und uns selbst für die aufreibende Arbeit zu honorieren. Auf Werbung wird in dieser
Zeitschrift bewusst verzichtet, so dass allein die Abonnenten dieser Zeitschrift die ökonomische Basis geben und damit ihr Überleben sichern. Warum schreibe ich Ihnen das? Ich bitte Sie um
Ihre Empathie für die ökonomisch so stark restringierten Arbeits- und Erscheinungsbedingungen. Ich schließe die Bitte an, an der Vergrößerung des Abonnentenkreises in der einen oder anderen Form mitzuwirken. Man könnte z. B. einmal in der eigenen Bibliothek nachfragen, ob die Heilpädagogische Forschung geführt wird. (Für uns gibt es unverständlicherweise sonderpädagogische Ausbildungsinstitute, die nicht in unserer Abonnentenliste aufzufinden sind.) Und auch Privatpersonen sind uns als Abonnenten sehr willkommen, wobei auf unser Eingangspräsent in Form von vier kostenfreien Ausgaben hinzuweisen ist. Wir wollen Ihnen also gern auch weiterhin Forschungsarbeiten aus der Sonderpädagogik anbieten, die thematisch ein ungeheuer breites Spektrum abdecken.
So enthält auch diese Ausgabe wiederum die unterschiedlichsten Themenkomplexe bearbeitet. An erster Stelle finden Sie die Arbeit der Hamburger Forschergruppe Paul Probst und Julia Spreitz unter dem Titel „Empirische Studie zur Sozialen Validität des präventiven Trainingsprogramms Stepping Stones Triple P für Eltern von Kindern mit Entwicklungsbehinderungen”, ein Programm, das ursprünglich in Australien entwickelt worden ist und zunehmende Verbreitung hier zu Lande gefunden hat.
An zweiter Stelle steht die Arbeit einer internationalen Arbeitsgruppe aus Vertretern der Universitäten Montana und Potsdam. Lynne Koester, Marie Middleton, Meg Ann Traci und Birgit Klöhn informieren auf dem Hintergrund einer Literaturanalyse über entwicklungspsychologische Verläufe gehörloser Kinder von der Kindheit zum jungen Erwachsenenalter. Der Fokus liegt dabei auf den Bereichen der sozio-emotionalen und der kognitiven Entwicklung sowie der Identitätsentwicklung und des schulischen Leistungsverhaltens. Wer an der Sonderpädagogik bei Gehörlosigkeit interessiert ist, wird die Ausführungen mit großem Interesse verfolgen.
Der dritte Forschungsbeitrag entstammt ebenfalls der Feder ausländischer Kollegen: Reinhard Kargl, Christian Purgstaller, Silvana Weiss und Andreas Fink stellen ihre Effektivitätsüberprüfung des morphemorientierten Grundwortschatz-Segmentierungstrainings MORPHEUS anhand von zwei Studien vor. Das Training richtet sich an Probanden ab der 4. Schulstufe. Nach nur zweieinhalb Wochen können sich Rechtschreibleistungsverbesserungen
zeigen. Offensichtlich können morphematische Trainingsprogramme sehr effektiv die Rechtschreibleistung verbessern. Es handelt sich also um eines der wenigen Rechtschreibtrainings, die evaluiert worden sind.
Der sich anschließende Bericht von Michael Endermann hat einen Vergleich der psychischen Befindlichkeit zwischen Probanden und Beschäftigten der stationären Behindertenhilfe zum Inhalt. Die vorgestellten Ergebnisse dürften für das Qualitätsmanagement von Einrichtungen der Behindertenhilfe von großer Bedeutung sein. Diese Ausgabe wird durch den Abdruck von Rezensionen zu jüngst erschienenen Publikationen abgeschlossen. Ich wünsche Ihnen wieder eine interessante Lektüre
Ihr
Herbert Goetze |