Editorial von
Herbert Goetze aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 3 2007
Editorial als Audio hören!
Liebe Leserin und lieber Leser der Heilpädagogischen Forschung,
an erster Stelle möchte ich Sie mit einer personellen Veränderung unseres wissenschaftlichen Redaktionsstabes vertraut machen: Für Adriana Schuler von der San Francisco State University, der wir für die jahrelange Begleitung danken, tritt Ralf. W. Schlosser als Redaktionsmitglied an. Ralf Schlosser ist derzeit Professor und Chair am Department Speech-Language Pathology and Audiology an der Northeastern University in Boston. Er hat an der Purdue-University in Indiana (USA) promoviert und ist seither als hoch bedeutender Autor im Bereich der unterstützenden Kommunikation bekannt geworden. Schlosser gehört zum Führungskreis der American Association on Developmental and Intellec- tual Disabilities (AAIDD) und der American Speech-Language and Hearing Association (ASHA). Weiterhin ist er Begründer der neuen Fachzeitschrift „Evidence-Based Communication Assessment and Intervention”. Die Heilpädagogische Forschung kann sich glücklich schätzen, diese Führungspersönlichkeit der sonderpädagogischen Forschung als Ratgeber in ihren Reihen zu wissen.
An erster Stelle werden Sie in dieser Ausgabe dem umfänglichen Beitrag von der Heidelberger Autorengruppe Cholewa, Hollweg und Mantey begegnen, in welchem unter dem Titel „Oberflächendysgraphie und phonologische Dysgraphie bei deutschsprachigen Drittklässlern mit Schreibschwierigkeiten” ein fachlich kontrovers diskutiertes Thema untersucht wird; lassen Sie sich von den Ergebnissen überraschen.
Auch in dieser Ausgabe der Heilpädagogischen Forschung werden Sie dem Integrations- bzw. Inklusionsthema begegnen. In diesem Zusammenhang sei auf James Kauffman verwiesen, der kürzlich anlässlich des diesjährigen Kongresses des Council for Children with Behavior Disorders in Dallas zum Integrationsthema ausgeführt hat, wie unfair mit der Sonderpädagogik verfahren wird, indem ihre Abschaffung gefordert und ihr unterstellt wird, Menschen negativ zu etikettieren und auszusortieren. Wer so argumentiert, so Kauffman, verschließt die Augen vor grausamen gesellschaftlichen Realitäten, für die die Sonderpädagogik Antworten sucht, für die sie jedoch nicht verantwortlich zu machen ist, und er unterschätzt die schwierigen Aufgaben von Sonderpädagogen, die häufig vor aussichtslos erscheinenden pädagogischen Situationen stehen, die sie nicht geschaffen haben. In Zukunft käme es darauf an, die Sonderpädagogik weiter zu entwickeln – und nicht etwa zu eliminieren, und entsprechend die Forschung zu entwickeln. In diesem Kontext ist unser zweiter Beitrag in dieser Ausgabe zu sehen, in welchem die Sicht der Betroffenen von Stephan Sauer, Sarah Ide und Johann Borchert aus Flensburg in einer Vergleichsuntersuchung von Schülerinnen und Schülern an Förderschulen und in integrativen Einrichtungen untersucht wird.
Den akademischen Schwerpunktbereichen des Rechtschreibens und Lesens sind die letzten beiden Forschungsarbeiten gewidmet: Jürgen Walter, Laura Schliebe und Sabrina Barzen haben ein überzeugendes morphemorientiert-strategisches Rechtschreibtraining bei Drittklässlern evaluiert; die Wiener Autoren Alfred Schabmann und Regina Kabicher bieten eine wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahme hinsichtlich der Auswirkungen früher Leseschwierigkeiten am Ende der Grundschulzeit, woraus sich wichtige Konsequenzen für Lesetrainings ableiten lassen.
Ich danke Ihnen für Ihr Leseinteresse und wünsche Ihnen viel Stimulation für eigene Gedanken,
Ihr Herbert Goetze
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