Resolution zur Gestützten
Kommunikation (engl.: Facilitated Communication/FC)
aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 1 2003
Die Gestützte Kommunikation ist eine sonderpädagogische
Methode, bei der angenommen wird, dass durch sie Menschen mit Autismus
und/oder geistiger Behinderung befähigt werden können, mit anderen
Menschen in der Regel schriftsprachlich zu kommunizieren. Bei der
Gestützten Kommunikation wird die betreffende Person (FC-Schreiber)
von einer anderen Person (Stützer) am Handgelenk, Arm, Oberarm oder
anderem Körperteil „gestützt“ und tippt so Buchstabe für Buchstabe
sinnvolle Botschaften. Als Kommunikationsmethode ist die Technik
in den neunziger Jahren in den USA Gegenstand zahlreicher kontrollierter
Studien gewesen. Hierbei stellte sich heraus, dass trotz sorgfältiger
Versuchsplanung bei ca. 80% der beteiligten Versuchspersonen keinerlei
authentische Kommunikation nachgewiesen werden konnte und bei den
übrigen 20% keine praxisrelevanten Verbesserungen hinsichtlich der
Kommunikation auftraten. Bei 75% der entsprechend untersuchten Versuchspersonen
ließ sich jedoch eine inhaltliche Steuerung der FC-Botschaften durch
die stützenden Personen nachweisen (vgl. Biermann,1999). Kritische
Analysen der Studien mit für die Methode sprechenden Ergebnissen
deuten auf methodische Mängel der Untersuchungen hin (vgl. zuletzt
die kritische Rezension der Münchner Studie von Bober, 2000). Neben
den empirischen Grundlagen lassen sich auch keine theoretischen
Untermauerungen für die Methode der Gestützten Kommunikation in
den Fachgebieten des Autismus, der Spracherwerbsforschung und der
geistigen Behinderung heranziehen (vgl. Nußbeck, 2000). Die Vertreterinnen
und Vertreter der Gestützten Kommunikation treten vielmehr an, grundlegende
Erkenntnisse aus den Bereichen des Autismus, der geistigen Behinderung
und des Schriftspracherwerbs in Frage zu stellen und Autismus und
geistige Behinderung auf Grund ihrer vermeintlichen Ergebnisse als
überwiegend motorische/handlungspraktische Störungen neu zu definieren.
Dabei werden häufig die Inhalte der gestützt hervor gebrachten Botschaften
als Argumente für die Methode benutzt. Die Gestützte Kommunikation
ist somit eine in ihrer Effektivität widerlegte Technik. Eltern
und pädagogisch oder therapeutisch tätige Personen müssen über die
eindeutig negative Forschungslage aufgeklärt werden, bevor sie sich
für FC entscheiden. Da allerdings trotz der eindeutigen Befundlage
letztlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass sehr vereinzelt
Menschen gestützt kommunizieren können, fordern wir, dass in jedem
Einzelfall unter kontrollierten Bedingungen die Authentizität der
FC-Botschaften nachgewiesen werden muss. Dies gilt insbesondere
in öffentlichen Einrichtungen, wenn schulische Maßnahmen, Förderprogramme,
Wohnsituationen etc. auf Grund von FC-Aussagen verändert werden
sollen und wenn öffentliche Gelder zur FC-Stütze beansprucht werden.
Diese Resolution stimmt in ihren Forderungen überein mit Resolutionen
und Positionspapieren der
o American Academy of Pediatrics (AAP, 1998),
o American Association on Mental Retardation (AAMR, 1994),
o American Psychological Association (APA, 1994),
o American Speech-Language-Hearing Association (ASHA, 1995),
o Behavior Analysis Association of Michigan (BAAM, 1993) und der
o American Academy of Child and Adolescent Psychiatry (AACAP, 1993).
Die Resolution zur Gestützten Kommunikation wurde bisher unterzeichnet
von:
Prof. Dr. Heidemarie Adam, Universität Leipzig
Prof. Dr. Hedwig Amorosa, Heckscher Klinik, München
Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Claus Barkmann, Univ.-Klinikum Hamburg-Eppendorf
Vera Bernard-Opitz, Ph. D., International Consultant, USA
Dr. Adrienne Biermann, Ev. Johannesstift Berlin
Dr. Allmuth Bober, Universität Leipzig
Prof. Dr. Harald Bode, Universität Ulm/Donau
Prof. (apl.) Dr. Sven Bölte, Zentralinstitut für Seeliche Gesundheit Mannheim
Dipl.-Psych. Dipl.-Germ. Dr. Christoph Bördlein, Bamberg
Prof. Dr. Johann Borchert, Universität Kiel
Prof. Dr. Udo Brack †, Humboldt-Universität Berlin
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB)
Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm)
OStR. Hermann Cordes, Bremen
Prof. Dr. Manfred Dose, Taufkirchen
Prof. Dr. Günter Esser, Universität Potsdam
Prof. Dr. Herbert Goetze, Universität Potsdam
PD Dr. Alexander von Gontard, Universität Köln
Prof. Dr. Kurt Hahlweg, TU Braunschweig
Dr. Hellmut Hartmann, ehem. Landesklinik Brandenburg
Prof. Dr. Martin Hautzinger, Universität Tübingen
Prof. Dr. Henri Julius, Universität Rostock
Prof. Dr. Karl-Josef Klauer, Universität Köln
Prof. Dr. Dr. Christian Klicpera †, Universität Wien
Prof. Dr. Dr. Koch-Gromus, Univ.-Klinikum Hamburg-Eppendorf, Dekan
Prof. Dr. Birgit Kröner-Herwig, Universität Göttingen
Prof. Dr. Gerhard W. Lauth, Universität Köln
Prof. Dr. Gerhard Lehmkuhl, Universität Köln
PD Dr. phil. Werner Leitner, Universität zu Köln
Prof. Dr. Gudula List, Universität Köln
Dipl.-Psych. Wolfgang Meierhofer, Blindeninstitut München, Seminarrektor
Prof. Dr. Steffen Moritz, Univ.-Klinikum Hamburg-Eppendorf
Prof. Dr. Gerhard Neuhäuser, Universität Gießen
Prof. Dr. Susanne Nußbeck, Universität Köln
Prof. Dr. Franz Petermann, Universität Bremen
Prof. Dr. Ulrike Petermann, Universität Bremen
Prof. Dr. Fritz Poustka, Universität Frankfurt
Prof. Dr. Paul Probst, Universität Hamburg
Prof. Dr. Hellgard Rauh, Universität Potsdam
Prof. Dr. Gabriele Ricken, Universität Hamburg
Prof. Dr. Brigitte Rollett, Universität Wien
Prof. Dr. Klaus Sarimski, Pädagogische Hochschule Heidelberg
Prof. Dr. Alfred Schabmann, Universität Köln
Prof. Dr. Hans-Georg Schlack, Kinderneurolog. Zentrum, Bonn
Prof. Dr. Roland Schleiffer, Universität Köln
Prof. Dr. Ralf Schlosser, Northeastern University, Boston, USA
Prof. Dr. Martin Schmidt, Mannheim
Prof. Dr. Karl Dieter Schuck, Universität Hamburg
Prof. Dr. Wolfgang Schulz, TU Braunschweig
Prof. Dr. Howard C. Shane, Children’s Hospital, Boston, USA
Prof. Dr. Hans Stadler, Universität Dortmund
Prof. Dr. Dr. Hans-Christoph Steinhausen, Universität Aarhus in Aalborg
Prof. Dr. Norbert Störmer, Hochschule Zittau/Görlitz
Dipl.-Psych. Dr. Heinz Süss-Burghart, Kinderzentrum München
Prof. Dr. James Todd, Eastern Michigan University, Ypsilanti, USA
Prof. Dr. Stephen von Tetzchner, University of Oslo
Dr. Martin Wellenreuther, Universität Lüneburg
Prof. Dr. Andreas Warnke, Universität Würzburg
Prof. Dr. Etta Wilken, Universität Hannover
Dipl.-Psych. Dr. Tanja Zimmermann, TU Braunschweig
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