Heilpädagogische Forschung
 
Häufigkeit und Merkmale von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten unter Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache
aus: Heilpädagogische Forschung Nr. 1 2000
von Christian Klicpera und Barbara Gasteiger-Klicpera

In einer Erhebung an 19 Volksschulen in Wien und Niederösterreich konnte der Leistungsstand im Lesen und Rechtschreiben von 1428 Schülern mit deutscher und 365 Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache erfasst werden. Die Häufigkeit von Schwierigkeiten beim mündlichen Lesen und beim Rechtschreiben war bei diesen Kindern deutlich größer und in hohem Ausmaß von der mündlichen Beherrschung des Deutschen abhängig. Um zu überprüfen, wieweit sich die Art der Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb bei Kindern mit deutscher und nicht-deutscher Muttersprache unterscheidet, wurden die Leistungen dieser beiden Gruppen von Kindern verglichen, wobei jeweils zwischen Kindern mit und ohne Lese- bzw. Rechtschreibschwierigkeiten unterschieden wurde. Es zeigte sich, dass Kinder mit Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten – unabhängig von der Art ihrer Muttersprache – mehr Probleme beim Lesen und Schreiben von Pseudowörtern, also beim phonologischen Rekodieren, haben, dass aber Kinder nicht- deutscher Muttersprache beim Rechtschreiben über ein geringeres orthographisches Wissen verfügen und beim Lesen stärker von der Wortlänge beeinflusst werden. Auch in anderen für das Lesen und Rechtschreiben relevanten phonologischen Fertigkeiten zeigten sich Unterschiede zwischen schwachen und durchschnittlichen Schülern, nicht aber zwischen Kindern mit deutscher und nicht-deutscher Muttersprache.

Schlüsselwörter: Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten, Deutsch als Zweitsprache, orthographisches Wissen, phonologische Fertigkeiten

Frequency and characteristics of reading and spelling disabilites in children with German as a second language.

The development of reading and spelling in children with German as a second language is an area which has been neglected in pedagogical research. A study conducted in 19 primary schools in Vienna and Lower Austria measured the reading and spelling achievement of 1428 children with German as their primary language and 365 children learning German as a second language. The latter exhibited a greater frequency of problems with oral reading and spelling; achievement levels were closely related to their oral language proficiency in German. In order to determine how difficulties with reading and spelling differed in native and non-native speakers, the achievement of the two groups of children was compared by dividing each group into those with poor reading and spelling skills and those with average skills. It was shown that children with poor skills – regardless of their native language – had more problems reading and spelling pseudowords. Children with German as a second language, however, had more problems with spelling tasks that depended on orthographic knowledge and, during reading, were more strongly influenced by word length. Finally, in examining other phonological skills relevant for the development of reading and spelling, it was found that a rather large difference existed between poor and average readers, but not between children with German as a primary or as a secondary language.

Key words: Reading and spelling difficulties, German as a second language, orthographic knowledge, phonological skills

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aktualisiert am 30.01.2003